Was ist CMD eigentlich?
CMD steht für craniomandibuläre Dysfunktion – eine Störung im Zusammenspiel von Schädel („Cranium“) und Unterkiefer („Mandibula“). Ist dieses System aus der Balance geraten, kann es eine Kettenreaktion im gesamten Körper auslösen. Und genau das passiert bei vielen Menschen mit chronischen Rücken- oder Beckenschmerzen – oft ohne dass sie es mit dem Kiefer in Verbindung bringen würden.
Ihr Kausystem ist viel mehr als nur Zähne. Es umfasst das Kiefergelenk, die Kaumuskulatur, Bänder, Nerven und angrenzende Knochenstrukturen. All diese Elemente müssen präzise zusammenarbeiten, damit Sie mühelos sprechen, essen, schlucken – und sogar frei atmen können. Gerät dieses System durch Stress, einseitige Belastung oder nächtliches Zähneknirschen aus dem Gleichgewicht, entstehen Beschwerden, die sich durch Ihren gesamten Körper ziehen können.

Durch die CMD und Kieferfehlstellung kommt es im Laufe der Jahre zu einer Kompensation der Hals- und Brustwirbelsäule. Dadurch ändert sich die gesamte Körperstatik mit absteigenden Beschwerden entlang der Wirbelsäule bis ins Becken und bis in die Füße.
Warum Rückenschmerzen
oft im Kiefer beginnen
Sie leiden schon länger unter Rückenschmerzen? Vielleicht im unteren Rücken, im Becken oder zwischen den Schulterblättern? Und obwohl Sie schon viele Behandlungen ausprobiert haben – von Orthopädie über Physiotherapie bis hin zu Schmerzmitteln – bleibt die Ursache unklar?
Damit sind Sie nicht allein. Gerade Menschen ab 50 erleben oft über Jahre hinweg Beschwerden, die nicht eindeutig zuzuordnen sind. Was viele nicht wissen: Der Auslöser kann ganz woanders liegen – nämlich im Kiefergelenk. Denn unser Körper ist ein sensibel abgestimmtes Netzwerk. Muskeln, Knochen, Gelenke und Faszien stehen in ständiger Verbindung.
Eine stille Kettenreaktion –
wenn der Körper aus der Bahn gerät
Stellen Sie sich vor: Ein einzelner Zahn steht etwas höher als die anderen. Was unscheinbar beginnt, verändert die gesamte Bisslage. Unser Kiefer versucht automatisch, diese Veränderung auszugleichen – meist ohne unser Bewusstsein. Dadurch entsteht eine einseitige Belastung im Kiefergelenk, die wiederum Spannungen in der Muskulatur verursacht. Diese setzen sich fort – über Muskelketten in den Nacken, in die Schultern, in den Rücken. Ihr Körper kompensiert so gut er kann – mit Haltungsschäden, muskulären Anpassungen und letztlich Schmerzen.
Rückenschmerzen sind der häufigste Grund für Krankmeldungen in Deutschland. Dabei dürfte der Zusammenhang zu einer CMD eine nicht unerhebliche Bedeutung haben.
CMD –
ein ganzheitliches Thema,
das weit über den Kiefer hinausgeht
CMD ist keine reine „Zahnsache“. Es handelt sich um eine funktionelle Störung, die Ihren gesamten Bewegungsapparat beeinträchtigen kann – besonders die Wirbelsäule, die zentrale Achse Ihres Körpers. Moderne 3D-Messverfahren zeigen: Schon kleinste Bissveränderungen können Ihre Körperhaltung messbar verändern.
Diese sogenannten Lotabweichungen entstehen, wenn die Wirbelsäule versucht, Ungleichgewichte im Kieferbereich auszugleichen. Die Folgen reichen von Verspannungen und Rückenschmerzen bis hin zu Beckenschiefständen, scheinbaren Beinlängendifferenzen und veränderten Gangbildern.
Wird diese Fehlbelastung nicht erkannt, kann sie langfristig zu ernsten Veränderungen führen – etwa Bandscheibenschäden, chronischen Muskelverhärtungen oder Gelenkblockaden.
Studien zeigen: Die meisten Rückenschmerzen sind „unspezifisch“ – und funktionell bedingt
Laut der Bertelsmann Stiftung lässt sich nur bei etwa 15 % aller Rückenschmerzen eine klare medizinische Ursache wie ein Bandscheibenvorfall feststellen. Die übrigen 85 % gelten als „unspezifisch“. Doch das bedeutet nicht, dass es keine Ursache gibt – sie wird nur häufig nicht erkannt.
Langjährige Erfahrungen aus Zahnarztpraxen, Physiotherapie und Osteopathie zeigen: Eine unerkannte CMD ist ein häufiger, aber oft übersehener Auslöser chronischer Rückenschmerzen – gerade bei Menschen in der Lebensmitte.
Symptome, die auf eine CMD
hinweisen können
Die Beschwerden sind oft diffus und schwer einzuordnen. Einige Betroffene berichten von einem Knacken oder Reiben im Kiefer beim Kauen oder Gähnen. Andere leiden unter Spannungskopfschmerzen, Migräne, Ohrgeräuschen (Tinnitus), Schwindel oder Gesichtsschmerzen. Auch nächtliches Zähneknirschen, empfindliche Zähne oder Schlafprobleme können mit CMD zusammenhängen.
Die Deutsche Tinnitus-Liga bestätigt: Eine Funktionsstörung im Kausystem kann nicht nur Ohrgeräusche verursachen, sondern auch Gleichgewichtsstörungen und in schweren Fällen sogar Hörverluste begünstigen.
Könnte CMD auch bei mir eine Rolle spielen?
Wenn Sie sich seit längerem mit Schmerzen, Verspannungen oder ungeklärten Beschwerden herumschlagen, kann CMD ein möglicher Auslöser sein. Der folgende kleine Selbsttest kann Ihnen erste Hinweise geben:
- Knirschen oder pressen Sie mit den Zähnen – bei Stress oder im Schlaf?
- Spüren Sie eine Überempfindlichkeit einzelner Zähne?
- Haben Sie regelmäßig Kopfschmerzen oder Migräne?
- Knacken oder reiben Ihre Kiefergelenke beim Kauen oder Gähnen?
- Leiden Sie unter Ohrgeräuschen, Tinnitus oder Druckgefühlen im Ohr?
- Haben Sie Verspannungen im Nacken, den Schultern oder dem oberen Rücken?
- Ist Ihre Mundöffnung eingeschränkt oder kauen Sie bevorzugt einseitig?
- Fühlen Sie sich oft erschöpft, innerlich unruhig oder haben depressive Verstimmungen?
- Schlafen Sie schlecht ein oder wachen nachts häufig auf?
- Nehmen Sie regelmäßig Schmerzmittel?
- Schnarchen Sie oder haben nächtliche Atemaussetzer?
Je mehr Fragen Sie mit „Ja“ beantworten, desto wahrscheinlicher ist es, dass eine CMD bei Ihnen eine Rolle spielt. Eine sichere Diagnose kann jedoch nur ein spezialisierter Zahnarzt oder ein interdisziplinäres Team stellen.
CMD ist behandelbar –
ganzheitlich, individuell und ohne Operation
Die gute Nachricht: Die craniomandibuläre Dysfunktion lässt sich in den meisten Fällen gut behandeln – und das ganz ohne chirurgischen Eingriff. Entscheidend ist eine ganzheitliche Diagnostik, die nicht nur Ihren Kiefer, sondern auch Ihre Haltung, Ihre Muskulatur und mögliche innere Belastungen einbezieht.
Typische Therapiebausteine sind:
- individuell angepasste Aufbissschienen
- gezielte Physiotherapie oder osteopathische Behandlung
- Manualmedizin und funktionelle Muskeldiagnostik
- gegebenenfalls kieferorthopädische oder zahnärztliche Maßnahmen
Wichtig ist, dass nicht nur Symptome behandelt werden, sondern die Ursache. Und das bedeutet: das gesamte Zusammenspiel von Zähnen, Kiefer, Muskulatur und Körperhaltung wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Rückenschmerzen ernst nehmen!
Wenn Sie schon vieles ausprobiert haben, Ihre Schmerzen aber bleiben – könnte der Blick auf Ihr Kiefergelenk der entscheidende Schritt zur Besserung sein. CMD ist kein seltenes Phänomen, sondern eine häufig übersehene Ursache chronischer Schmerzen, besonders bei Menschen mit langjähriger Belastung.
Sie müssen diesen Weg nicht allein gehen. Mit einer passenden Diagnose und einer individuell abgestimmten Therapie ist oft bereits nach wenigen Wochen eine spürbare Erleichterung möglich – und damit ein neues Stück Lebensqualität.